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Wachstumskritik

Ist das Wirtschaftswachstum überhaupt wirklich immer positiv zu sehen?

Wirtschaftswachstum ist die prozentuale Steigerung des Bruttoinladsprodukts (BIP), also der Summe aller Wirtschaftsleistungen, egal wie schädlich sie für Menschen, die Umwelt oder Arbeitsplätze sind.

Verkaufe ich einen Fernseher, der ein Menschenleben lang hält, geht das nur einmal ins BIP ein. Verkaufe ich aber einen, der nach einem Jahr kaputt geht, muss der Kunde sich jedes Jahr einen neuen kaufen, was immer wieder das BIP erhöht. Qualität ist also schlecht für das Wirtschaftswachstum. Obwohl dem Kunden der erste Fernseher sicher lieber wäre.
Katastrophen sind gut für das Wirtschaftswachstum, weil der Wiederaufbau das BIP erhöht.
Wenn ich mich verschulde, um etwas zu kaufen, steigert das auch das BIP, weil die Form der Finanzierung dabei nicht berücksichtigt wird. Es ist also kein Wunder, dass fast alle Länder, die nur das Wirtschaftswachstum im Auge haben, sich immer weiter verschulden. Und die angebliche Lösung, um die Verschuldung abzubauen, heißt dann immer weiteres Wachstum.
Freundschaft ist auch schlecht für das Wirtschaftswachstum: Wenn ich umziehen muss, und einige Freunde habe, die mir dabei helfen, geht es nicht ins BIP ein. Habe ich aber keine Freunde, muss ich einen kommerziellen Umzugsservice bezahlen, was den Geldumsatz und damit das BIP erhöht. Sollte man also zur Steigerung des Wirtschaftswachstums auch Freundschaften oder Freundschaftsdienste verbieten?

Da das Wirtschaftswachstum immer im Vergleich zum Vorjahr berechnet wird, wird bei einem konstant steigenden BIP das Wachtum immer kleiner, weil die Basis der Berechnung immer größer wird. Um ein konstantes Wirtschaftswachtum zu erreichen, wie es immer wieder gefordert wird, müsste das BIP absolut exponentiell steigen. Wäre jede Wirtschaftsleistung mit einem Ressourcenverbrauch verbunden (Produktion oder Transport), würde man unweigerlich irgendwann an die Grenze der auf diesem Planeten vorhandenen Elemente stoßen.

Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Kenneth E. Boulding hat es auf den Punkt gebracht: "Jeder, der glaubt, dass exponentielles Wachstum für immer weitergehen kann in einer endlichen Welt, ist entweder ein Verrückter oder ein Ökonom." Selbst einige Ökonomen haben allerdings dieses Problem erkannt. Darum versuchen sie einen immer größeren Teil der Wirtschaftsleistung auf immaterielle Produkte zu verlagern, z.B. Patente, Design, Labels, Finanztransaktionen, Spekulationen etc.

Aber kann es für immer gut gehen, immer mehr Geld für immer weniger reelle Gegenleistung auszugeben? Und ist das ein sinnvolles Modell für die zukünftige Entwicklung? Ist es nicht einfach Blödsinn, die Weiterentwicklung einer Gesellschaft nur danach zu beurteilen, dass sie immer mehr Geld ausgibt?

Zudem wird das Wirtschaftswachstum dadurch gesteigert, dass immer mehr Produkte und Leistungen privatisiert werden , die vorher als Gemeineigentum kostenlos waren. Das steigert zwar das BIP, verringert aber den allgemeinen Wohlstand, weil die Menschen dadurch zusätzliches Geld ausgeben müssen.

Spätestens wenn jeder Kubikmeter Atemluft privatisiert ist, wäre diese Wachstumsmöglichkeit auch vorbei. Muss es erst so weit kommen?

Wäre es nicht sinnvoller, statt nur auf ein Wirtschaftswachstum, auf eine Steigerung des allgemeinen Wohlstands abzuzielen?

GDPSocialHealth Wie die Graphik beweist, sind Wirtschaftswachstum und Wohlstand nicht immer identisch. Das Bild zeigt den in den USA entwickelten Index für soziale Gesundheit im Vergleich mit dem Bruttoinladsprodukt (auf englisch Gross Domestic Product - GDP).

Darum müssen Vergleiche zwischen Ländern auf eine breitere Basis gesetzt werden, durch ganzheitlichere Vergleichswerte.

"Einen sinnvollen Begriff von 'Wohlstand' und 'Lebensqualität' zu entwickeln und zu operationalisieren, also Indikatoren-Bündel samt Berechnungsverfahren präzis zu definieren, bleibt daher die zentrale bisher unerledigte Aufgabe, um das BIP als ungeeigneten Indikator abzulösen." (Learn-Line.NRW)

Ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaftswachstum dürfte höchstens logarithmisch sein, wobei die Kapazitätsgrenze höchstens bei der Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen liegen dürfte.
Ideale nachhaltige Wachstumskurve

Entwicklungsländer könnten dabei durchaus noch exponentiell wachsen, und Schwellenländer linear, bei entwickelten Ländern müsste aber die Wachstumsrate immer geringer werden. Was aber ja auch Sinn macht, da der dringende Bedarf irgendwann gedeckt ist.


Letzte Anpassung: 2014-03-24